Der Zeitarbeitsvertrag: Eine nicht ganz neue Form des Arbeitsvertrags

Zeitarbeit ist nicht wirklich neu. Bereits im Jahre 1948 wurde die Firma „Manpower“ gegründet, die als Ursprung der Zeitarbeit bezeichnet werden kann. Doch all das geschah in den Vereinigten Staaten.

Was in den USA lange Zeit eine Selbstverständlichkeit war, wurde in Deutschland in dem Ausmaß, wie wir es heute kennen, von Gerhard Schröder (SPD) im Rahmen der sogenannten „Agenda 2010“ eingeführt. Bis heute sind zahlreiche Maßnahmen des damaligen Kanzlers in der Kritik. Für Arbeitnehmer jedoch ist es wichtig, die grundlegenden Voraussetzungen für einen Zeitarbeitsvertrag zu kennen. Das sogenannte Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) gibt es bereits seit 1972 in Deutschland, damals stand die Zeitarbeit aber noch stark in der Kritik. Schröder konnte die Zeitarbeit zwar besser „verkaufen“, kritische Stimmen gibt es aber auch heute noch.

Inhalt:

Was ist Zeitarbeit?

Bei der Zeitarbeit handelt es sich um eine Dreierkonstellation, im Zuge derer Sie nicht dort angestellt werden, wo Sie arbeiten. Sie arbeiten für den sogenannten Verleiher, und bei diesem haben Sie auch Ihren Arbeitsvertrag unterschrieben.

Wo es einen Verleiher gibt, muss es auch einen Entleiher geben, und das ist die Firma, zu der Sie geschickt werden, in die Sie verliehen werden. Für das Unternehmen, in dem Sie arbeiten, bedeutet der Zeitarbeitsvertrag, dass es sich – um es salopp zu formulieren – einen „schlanken Fuß“ machen kann. Denn all das, was Ihren Arbeitsvertrag betrifft, klären Sie mit dem Leiharbeitsunternehmen, mit dem Sie ja auch den Vertrag geschlossen haben.

Jener Vertrag ist übrigens meistens unbefristet. Das klingt gegenüber vielen anderen, befristeten Verträgen durchaus nach einem Vorteil. Doch sollte der Denkfehler vermieden werden, dass ein unbefristeter Vertrag bedeutet, über einen längeren Zeitraum beim selben Unternehmen beschäftigt zu sein. Denn – wir erinnern uns – Sie arbeiten zwar bei Unternehmen A, sind aber bei Unternehmen B (also der Zeitarbeitsfirma) angestellt.

Allgemein lässt sich festhalten, dass die Arbeit bei einer Zeitarbeitsfirma Nachteile mit sich bringt:

  • Zeitarbeiter bekommen weniger Geld als festangestellte Mitarbeiter.
  • Das Unternehmen, in dem sie arbeiten, bezahlt lediglich Ihren Arbeitgeber, also die Zeitarbeitsfirma
  • Das Arbeitsverhältnis bei der Zeitarbeitsfirma mag unbefristet sein, doch wenn das Unternehmen, in dem Sie gerade arbeiten, Sie nicht mehr braucht oder will, sind Sie Ihren Job dort sehr schnell wieder los.

Zusammenfassung: Der Zeitarbeitsvertrag wird ausschließlich mit der Leiharbeitsfirma geschlossen.

Zeitarbeitsvertrag, Zeitvertrag und Werkvertrag: Drei völlig unterschiedliche Paar Schuhe

Häufig wird angenommen, dass drei Vertragsformen im Grunde inhaltlich gleich sind:

  • der Zeitarbeitsvertrag
  • der Werkvertrag
  • der Zeitvertrag

Wenngleich Zeitarbeitsvertrag und Zeitvertrag eine gewisse Ähnlichkeit im Klang haben, meinen sie doch etwas völlig Unterschiedliches. Wieder anders aufgebaut ist der Werkvertrag. Schauen wir uns also die wesentlichen Merkmale des Zeit- und Werkvertrages an:

 

Der Zeitvertrag

Der Zeitvertrag ist im Prinzip ein völlig normaler Arbeitsvertrag. Der Arbeitgeber zahlt also den Arbeitnehmer, inklusive Sozialabgaben und sonstige vertragliche Vereinbarungen wie etwa Urlaub, Weihnachtsgeld oder mögliche Zuschläge.

Der einzige Unterschied besteht darin, dass das Arbeitsverhältnis zeitlich begrenzt ist. Wenn der Vertrag nach Ablauf dieser Zeit nicht verlängert wird, endet er einfach, Arbeitnehmer müssen aber bei der Arbeitsagentur keine Sperren fürchten.

Der Werkvertrag

Beim Werkvertrag werden Angestellte einer Firma an einen anderen Standort verliehen, was aber nicht der Natur der Leiharbeit entspricht.

Forderungen von Seiten des Auftragsbetriebes gibt es nicht, lediglich der Werkunternehmer formuliert, was er erwartet und überwacht dies auch.

Zusammenfassung: Zeitarbeitsverträge, Zeitverträge und Werkverträge werden oft verwechselt, sind jedoch völlig unterschiedliche Konstrukte.

Der § 8 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes

In § 8 des AÜG wird der Gleichstellungsgrundsatz formuliert, und wenn man ihn liest, hört sich das zwar etwas sperrig, aber schon ziemlich gut an. In Absatz 1 heißt es:

  • „Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz).”

Doch die Sache hat einen Haken. Zwar lässt sich leicht herauslesen, dass der Zeitarbeiter vom ersten Tag an nicht schlechter behandelt werden darf als der festangestellte Arbeitnehmer. Doch im Zweifel greift eine Ausnahmeregelung, die besagt, dass der Gleichstellungsgrundsatz nicht gilt, wenn es für den Zeitarbeiter einen für die Branche geltenden Tarifvertrag gibt.

Nun könnte man meinen, dass Tarifverträge doch eine gute Sache sind, ein Tarifvertrag also für einen Zeitarbeitsvertrag nur von Vorteil sein kann. Doch in der Praxis hat sich das Gegenteil herausgestellt, denn nachdem im Januar 2004 diese Ausnahmeregelung in Kraft trat, wuchs danach die Zahl der Tarifverträge in zahlreichen Branchen.

Und mit diesen Tarifverträgen entstanden unzählige Möglichkeiten, vom Prinzip der Gleichstellung abzurücken und die Zeitarbeiter deutlich schlechter zu bezahlen als die festangestellten Mitarbeiter. Sogar der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bezahlte in der Folge bei ihm angestellte Mitarbeiter auf Basis von Zeitarbeit schlechter als die Festangestellten.

Das dauerte bis zum 1. April 2017, an diesem Tag griff eine Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Diese begrenzte die Unterschreitung des Gleichstellungsgrundsatzes zeitlich. Nach neun Monaten Zeitarbeit musste von nun an der Leiharbeiter genauso bezahlt werden wie der festangestellte Mitarbeiter.

Zusammenfassung: Ein grundsätzliches Problem der Zeitarbeitsverträge ist der Gleichstellungsgrundsatz, der von vielen Unternehmen nach wie vor versucht wird zu unterlaufen.

Verdeckte Zeitarbeit

Papier ist bekanntlich geduldig. Und so garantiert ein Vertrag nicht, dass er nicht missbräuchlich ausgelegt wird. So werden oft Arbeitsverträge im Sinne einer Beschäftigung auf Basis von Leiharbeit angewendet. Man spricht dann von einer illegalen Form der Arbeitnehmerüberlassung.

Wenn ein Arbeitsverhältnis werk- oder dienstvertraglichen Einsatz definiert, die Praxis aber anders aussieht, ist dies verboten. Erkennbar sind solche illegalen Arbeitnehmerüberlassungen etwa, wenn:

  • die Beschäftigten so wie die Festangestellten in die betriebliche Organisation eingebunden werden
  • Arbeitgeber ihre Mitarbeiter einsetzen, um werkvertragliche Aufgaben zu übernehmen
  • die Firma, in der der Mitarbeiter tätig ist, faktisch über das Weisungsrecht verfügt

Bis zur Reform 2017 war die illegale Arbeitnehmerüberlassung durchaus üblich und durch Gesetzeslücken auch möglich. Doch seit 2017 hat sich die Lage verändert.

Seit dem 1. April 2017 ist (auf dem Papier) eindeutig geregelt, dass Verleiher und Entleiher die Überlassung ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnen müssen, bevor es zu einer ausgeübten Tätigkeit kommt. Bevor also heute ein Arbeitsverhältnis eingegangen wird, müssen die Dokumente gemäß den Vorgaben des Gesetzgebers aufgesetzt werden. Geschieht dies nicht, liegt unter Umständen eine verdeckte und somit illegale Zeitarbeit vor, was bei Bekanntwerden rechtliche Folgen nach sich zieht.

Zusammenfassung: Verdeckte Zeitarbeit ist bis zu einem gewissen Maße inzwischen eingegrenzt worden. Findige Unternehmen suchen dennoch oft nach Lücken, um Kosten zu sparen.

Zeitarbeitsvertrag: Urlaub und Krankheit

Einmal mehr muss man sagen: Der Zeitarbeiter ist genauso dran wie der Festangestellte. Und einmal mehr muss man hinzufügen: fast jedenfalls. Damit Urlaubsansprüche erfüllt sind, gilt es, zunächst die entsprechende Wartezeit zu überstehen. Diese Wartezeit gilt allerdings auch für seine festangestellten Kollegen.

Doch da es sich um einen Zeitarbeitsvertrag handelt, muss der Urlaub nicht nur mit dem Entleiher, sondern auch mit dem Zeitarbeitsunternehmen abgestimmt werden.

Im Falle von Krankheit kommt es darauf an, was im Zeitarbeitsvertrag vereinbart wurde. Normalerweise muss ein ärztliches Attest erst nach drei Arbeitstagen vorgelegt werden. Es kann aber auch anders geregelt sein, sodass schon am ersten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegen muss.

Zudem sollten zur Sicherheit sowohl der Entleiher als auch das Zeitarbeitsunternehmen im Krankheitsfall informiert werden, und zwar so früh wie möglich.

Zusammenfassung: Der Zeitarbeitsvertrag ist auch in Sachen Urlaub und Krankheit immer noch ein wenig anders als der normale unbefristete Arbeitsvertrag. Bei Unklarheiten sollten Sie einen Anwalt aufsuchen.